6
Nov
2013

Sinnliches Leseerlebnis - Der Geschmack von Apfelkernen von Katharina Hagena

Katharina-Hagena-Der-Geschmack-von-ApfelkernenHeute habe ich die letzten der 255 Seiten von Katharina Hagenas Buch Der Geschmack von Apfelkernen gelesen. Ein, wie ich finde, wirklich berührendes und sinnliches Buch. Und sinnlich nicht im Sinne von erotisch, sondern die Sinne ansprechend. Katharina Hagena beschreibt die Welt wie man sie sehen, fühlen und riechen kann. Und sie gibt die Erinnerungen der Erzählerin Iris an die Sommerferien, die sie bei der Großmutter in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bremen verbrachte, mit wunderschönen Bildern und Sinneswahrnehmungen wieder. Die Natur in Form des Gartens, mit den Apfelbäumen, der Trauerweide und den Johannisbeersträuchern, dem nahegelegenen Moorsee mit dem schwarzbraunen Wasser, dem Kiefernwald hinterm Haus und den Steinen, die in sich kleine Kristallhöhlen verbargen.

Iris hat das alte Haus ihrer Großmutter Bertha in Bootshaven geerbt. Sie entschließt sich einige Tage länger als eigentlich geplant in dem Haus zu verbringen und taucht ein in die zahlreichen Erinnerungen, die sie mit dem Haus und der Umgebung verbindet. Die Kleiderschränke, das Arbeitszimmer des Großvaters, die Küche, alles steckt voller Erinnerungen. Nicht alle sind schön, manche verwirrend und verstörend. Die Geschichten rund um ihre geheimnisvolle Familie, den Großeltern, ihren Tanten, ihren Eltern und ihrer Freundinnen aus der Zeit der Sommerferien in Bootshaven sind bewegend und rührend.
Unheimlich klug und teils recht komisch von der Autorin Katharina Hagena geschrieben, hat mir das Buch großen Spaß gemacht. Ihr gelingt es, beim Leser Bilder voller Süße und Bitternis entstehen zu lassen. Die Erinnerungen an ein früheres Leben, an die eigene Kindheit kann tröstlich und auch schmerzhaft sein, aufgeweckt von Gerüchen und Geschmacksempfindungen werden längst verdrängte Gefühle wieder an die Oberfläche gespült. Dunkle Flecken der Vergangenheit werden vorsichtig und zaghaft beleuchtet.

Ein wirklich lesenswertes Buch des KiWi Verlages, auf das man sich einlassen sollte. Ich könnte einige tolle Stellen des Buches zitieren, zahlreiche Beispiele für die bildhafte Sprache Hagenas geben. Die Aussage des Großvaters, an die sich Iris erinnern kann, möchte ich hier wiedergeben:
„Wisst Ihr, es gibt drei Dinge, auf die man unentwegt gucken kann, ohne ihrer überdrüssig zu werden. Das eine ist Wasser, das andere ist Feuer und das dritte ist das Unglück anderer Leute“.
Und noch einen weiteren Satz, den ich mir notiert habe, weil er mir besonders gut gefallen hat:
„Denn schließlich heilte die Zeit alle Wunden nur, wenn sie sich mit dem Vergessen verbündete.“

Der Geschmack von Apfelkernen bekommt von mir 4 von 5 möglichen Sternen ****.

Nachtrag:
Mir ist erst eben bei der Suche nach dem Cover im Netz aufgefallen, dass das Buch verfilmt wurde und der Film erst im September in die Kinos gekommen ist.
Also, bitte erst das Buch lesen und dann ins Kino. So werde ich es zumindest sehr bald machen.
Hier der Trailer:
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