22
Jul
2007

Mo Hayder - Die Behandlung

Lange hat es gedauert, aber endlich hat die Zeit mal wieder gerecht, ein Buch zu beenden. Und mit Bedacht hatte ich mich zur Lektüre von Mo Hayders Die Behandlung entschlossen und wie sich sehr bald zeigte, machte es mir das Buch wirklich leicht auch nach kurzen Leseabschnitten und diversen Leseunterbrechungen immer wieder schnell zurück ins Geschehen zu finden. Und dann spätestens im letzten Abschnitt (so ca. die letzten hundert Seiten) hat mich der Roman gar nicht mehr losgelassen. Zuletzt hat er mich doch ziemlich aufgewühlt, angesichts der Perversität des Verbrechens, das schließlich noch aufgeklärt werden kann.

Detective Jack Caffery wird zusammen mit seiner Kollegin Danny Souness mit einem Fall betraut, bei dem der Sohn einer Familie aus dem Londonder Stadtteil Brixton vermisst wird, nachdem die gesamte Familie zuvor schon von einem unbekannten Täter mehrere Tage in ihrem Haus festgehalten wurde. Caffery merkt bald, dass etwas an den Aussagen des Vaters des Jungen nicht stimmt. Immer mehr Hinweise deuten auf einen pädophilen Hintergrund des Verbrechens hin und Jack Caffery wird sehr bald mit Paralellen zu seinem eigenen persönlichen Schicksal, dem Verschwinden seines Bruders Ewan in seiner Kindheit, konfrontiert. Die Aufklärung des verbrechens, die Verarbeitung des eigenen Schicksalsschlages und dazu die Aufarbeitung der ebenfalls von einem Gewaltverbrechen belasteten Beziehung zu seiner Freundin Rebecca stellen Jack vor eine fast unlösbare emotionale Herausforderung.

Die menschlichen Abgründe, die sich nach und nach offenbaren, sind wohl weniger etwas für zartbesaitete Leser. Das Jack Caffery an mancher Stelle die Beherrschung verliert und polizeiliche Grenzen in seinem Verhalten überschreitet, war für mich absolut nachvollziehbar.
Zudem schafft Mo Hayder es nur zu gut deutlich zu machen, wie oft das Schicksal durch eine andere Wendung der Dinge manche Qual viel früher hätte beenden und so manches Verbrechen eher hätte verhindert werden können.

Meiner Meinung nach ein absolut empfehlenswertes Buch für alle die bereit sind, sich auf eine aufwühlende Story einzulassen. Ich vergebe vier Sterne ****.

Ich habe noch Der Vogelmann ungelesen im Regal stehen. Vielleicht kann mir jemand sagen, ob ich diesen vermeintlichen Vorgänger von Die Behandlung jetzt noch lesen kann oder ich mir mit diesem Roman schon zuviele Dinge aus dem Vogelmann vorwegenommen habe.

24
Jun
2007

Jahrestag!!!

Ups, ich hatte ja Einjähriges mit meinem kleinen Leser-Blog!
Bald wird wieder mehr geschrieben, versprochen.

20
Mai
2007

T.C. Boyle - Dr. Sex

T.C. Boyles Roman Dr. Sex handelt von Dr. Alfred Kinsey, einem berühmten amerikanischen Sexualforscher, der in den 40er Jahren beginnt, eine sexuelle Revolution in Amerika loszutreten. John Milk erzählt dem Leser, wie er sich zunächst nach Schliessung einer Scheinverlobung den Zutritt zu einer ersten Lesung des Entomologen über das Sexualverhalten von Frauen und Männern an der Universität Indiana verschafft. Kurze Zeit später stellt er Professor Kinsey, genannt Prok, seine eigene sexuelle Entwicklungsgeschichte für die noch am Anfang befindlichen Erhebungen zur Verfügung. Bei diesem Interview lernt er Kinsey persönlich kennen und schon nach kurzer Zeit wird John Milk selber Teil des Projekts und Kinseys erster Mitarbeiter.
Von da an entwickelt sich zwischen den beiden eine Beziehung, die stark von Kinsey dominiert wird, sich nicht nur auf das berufliche beschränkt und Milk kann sich auch nach der Heirat mit seiner Frau Iris nie mehr gänzlich dem starken Einfluss von Kinsey entziehen. Und genau hier liegt eines der wichtigen Spannungsfelder des Buches, nämlich der Zwiespalt zwischen den Errungenschaften des Projekts hinsichtlich der sexuellen Aufklärung und der Liebe zu seiner Frau. Iris will sich der immer wieder von Prok, gerade bei seinen engsten Mitarbeitern und ihren Frauen, eingeforderten sexuellen Freizügigkeit nicht hingeben und gerät somit zunehmend in Konflikte mit íhrem Mann und mit dem Mentor ihres Mannes, Professor Kinsey.

Der 539 Seiten umfassende Roman macht zum einen deutlich, welche bahnbrechenden Veränderung in der amerikanischen Gesellschaft durch Kinseys Forschungsarbeiten erreicht wurden und zum anderen, welche inneren Widersprüche dadurch zugleich bei den Menschen entstehen können. John Milk bewegt sich genau in diesem Spannungsfeld. Prok fordert von ihm neben dem vollen Einsatz für das Projekt auch das reale Umsetzen der von ihm verfechteten sexuellen triebgesteuerten Freiheit. Diese wiederum steht im deutlichen Gegensatz zu seiner Liebe zu seiner Frau und Gefühlen, wie Eifersucht, die er verspürt, als diese es ihm gleich tut und sich mit einem anderen Sexpartner als ihm vergnügt.

Dr. Sex liest sich wirklich gut und Boyle widersteht der Gefahr, dass reisserische Thema allzusehr auszureizen und schafft es so, den Leser mit einer guten Story zu fesseln statt nur nach der reinen Maxime "sex sells" zu verfahren.
Sicher leidete bei mir der Lesefluss lediglich darunter, dass mir zuletzt die Zeit für längere Lesephasen fehlte. Dem Buch möchte ich die langwierige(nicht zu verwechseln mit langweilige) Lektüre sicher nicht anlasten und bewerte es daher mit guten 4 Sternen.
****

13
Mai
2007

Interview mit Orhan Pamuk im Kölner Stadt-Anzeiger / 07.05.2007

Erst jetzt beim Wegräumen alter Zeitungen ist mir ein Interview mit Orhan Pamuk im Kölner Stadt-Anzeiger vom 07.05.07 im Rahmen seines Lesungs-Besuchs in Köln in die Hände gefallen. Für alle die es interessiert, hier der Link zum Interview.

Orhan Pamuk - Interview im KSTA

Leider beschäftigt mich zur Zeit noch die Lektüre von T..C. Boyle Dr. Sex , die sich mehr aufgrund meines aktuellen Zeitmangels und weniger aufgrund der Qualität des Buches etwas in die Länge zieht.

In Kürze wird darüber hier Bericht erstattet. ;-)

30
Apr
2007

...


Deine Stimme gegen Armut

23
Apr
2007

Sven lager - Mein Sommer als Wal

Der Roman Ein Sommer als Wal von Sven Lager handelt von Matthias, der wegen einiger Ladendiebstähle in Berlin für einige Wochen zum sozialem Dienst an Behinderten in ein deutsches Dorf in Südafrika geschickt wird. Das kleine Sommerdal wird von vermeintlichen Spinner, Aussteigern, Althippies und Esotherikern geführt. Matthias findet sich bald in seiner neuen Umgebung zurecht und beginnt die Vorzüge, die für ihn in erster Linie in den Gelegenheiten zum Wellenreiten liegen, zu geniessen. Bald lernt er ein schwarzes Mädchen namens Zola aus dem Township in der Nähe von Kaptadt kennen, mit er bald eine Beziheung eingeht. Zola stellt sich Deutschland als ein Paradies vor und bald ergeben sich Umständen, die sie und Matthias vor schwierige Entscheidungen stellen und die Deutschland für Zola erreichbarer machen.

Nachdem ich mich an die etwas spärliche Sprache von Sven Lager gewöhnt hatte, hab ich sehr bald in das Buch hineingefunden und wurde von der Handlung mitgerissen. Viele Zusammenhänge muss sich der Leser aus den Dialogen und den Erläuterungen zusammenreimen, was aber mit der fortschreitenden Lektüre immer einfacher gelingt.
Das Buch macht die vielen Widersprüche, die das Leben in Südafrika erschweren, deutlich. So wird das Leben durch das Ende der Apartheid für viele Schwarze nicht zwingend leichter oder besser und die Althippies von Sommerdal schrecken nicht davor zurück, mit dem rassistischen Arzt des Dorfes anzubandeln, wenn es nun mal von Vorteil für die Einrichtung ist.

Alles in allem gefiel mir Mein Sommer als Wal wirklich gut. Es lässt sich gut lesen und hat mir Südafrika ein ganzes Stück näher gebracht.

Mein Urteil: vier Sterne
****

14
Apr
2007

Philip Roth - Das sterbende Tier

Nach Mein Leben als Sohn ist es das zweite Buch, das ich von Philip Roth gelesen habe. Und auch Das sterbende Tier ist sicherlich ein Buch, dass einen zwischenzeitlich und nachhaltig nachdenklich macht und nicht einfach nur "weggelesen" werden kann.
David Kepesh, ein über sechzig Jahre alter Professor mit einen gewissen öffentlichen Bekanntheitsgrad dank Fernseh- und Radiosendungen, erläutert dem Leser seine Liebe zu einer seiner Studentinnen (die nicht die erste Geliebte aus seinem studentischen Umfeld war). Dabei wird seine hartnäckige Einstellung zur sexuellen Revolution und seine Ablehnung jeglicher dauerhaften und verpflichtenden, partnerschaftlichen Verbindung deutlich. Doch gerade zu dieser Studentin, die so anders ist als ihre Vorgängerinnen und die Kepesh sehr bald zu vergöttern beginnt, entwickelt der Professor ganz andere Gefühle. Diese scheinen ihn fast um den Verstand zu bringen, während ihrer Affäre in Form von Eifersucht und Verlustängsten und als die Studentin ihn verlässt, in Form von quälender Sehnsucht. Erst als sie überraschend wieder in sein Leben zurückkehrt, verwandelt sich der starke, auf ihren faszinierenden Körper gerichtete Trieb von Kepesh in etwas anderes und seine Angst vor dem Verbindlichen scheint zu bröckeln.

Das Buch hat mich die meiste Zeit gefesselt und erst recht gut unterhalten. Einige Abstriche muss ich machen, weil mir gerade im letzten Abschnitt einige thematische Ausflüge im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der Jahrtausendwende etwas überflüssig erschienen.
Erst nach Ende des Buches, einige Zeit nach dem Lesen, wurde mir jedoch seine Nachhaltigkeit bewusst. Die Widersprüche, die die Gedanken und Ausführungen Kepesh zuletzt offenbaren, machen doch noch einige Momente nachdenklich und etwas differenzierter auf das Gelesene zurückblicken.
Mein Urteil für Das sterbende Tier schwankt zwischen drei und vier Sternen, aber da ich keine halben Sterne darstellen kann, geb ich ihm dann doch ganze vier.
****

gekauft, bekommen, geliehen, gelesen im April 07

Gekauft

Mister Aufziehvogel
Haruki Murakami
btb

(10.04.07 / antiquariat)

Fiasko
Imre Kertész
Rowohl Taschenbuch Verlag

(10.04.07 / antiquariat)

Papa, wie lang sind 90 Minuten
Hajo Schumacher
Karl Blessing Verlag

(10.04.07 / der club)

Dr. Sex
T.C. Boyle
dtv

(09.04.07 / amazon.de)

Mein Leben als Wal
Eine südafrikanische Geschichte
Jens Lager
Kiepenheuer & Witsch

(09.04.07 / amazon.de)

8
Apr
2007

Sven Regener - Neue Vahr Süd

Um es direkt vorweg zu nehmen, ich finde Neue Vahr Süd ist ein großartiges Buch!

Frank Lehmann hat es verpennt, den Wehrdienst zu verweigern und da er eher jemand ist, der sich seinem Schicksal fügt, tritt er den Dienst an. Und dass, obwohl er von Freunden umgeben ist, die gerne mal die gesellschaftliche Revolution in Gremien, Ausschüssen und Organisationen vorantreiben. Mit einigen dieser Freunde entschließt er sich dann kurz nach Dienstantritt auch noch zusammen zu wohnen und der Einzug in diese verpeilte Wohngemeinschaft, die den ersten Teil dieser Bezeichung bald schon nicht mehr verdient hat (verstopftes Klo, defektes Türschloss, kaputte Dusche und bald dann fehlender Strom) macht sein Leben bestimmt nicht leichter.

Bald beginnt Frank sein Leben etwas mehr in die Hand zu nehmen, aber leider bleibt ihm der große Wurf verwehrt. Eine spätere Verweigerung scheitert, das mit der Liebe kommt auch nicht wirklich in Fahrt und bald gerät er auch noch zwischen die Fronten von Befürwortern und Gegner des feierlichen öffentlichen Gelöbnisses.

Die Dialoge sind Klasse und die Gedanken der Hauptperson so verquert, aber nachvollziehbar beschrieben, dass man großen Spaß beim Lesen hat.
Zum Ende bekam ich dann noch etwas Mitleid mit Frank, denn mir wurde klar, wie oberflächlich seine Freundschaften doch letzlich alle sind.

Also, meiner Meinung nach, absolut lesenswerte Lektüre und daher vollkommen verdiente 5 Sterne.
*****
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